Nachwuchs in der Falle – Die Verkürzung der Vertragszeit für Postdocs im Kabinettsbeschluss zur Reform des WissZeitVG

Der gestern vom Kabinett verabschiedete Gesetzesentwurf zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) zielt angeblich darauf ab, Planbarkeit und Attraktivität der wissenschaftlichen Karriere für Nachwuchswissenschaftler zu erhöhen. In Wirklichkeit bietet der Gesetzesentwurf keine Unterstützung gerade in der Phase, in der der wissenschaftliche Berufsweg einzuschlagen ist. Im Gegenteil: Die Verkürzung der Befristungsdauer für Postdoc-Verträge auf vier statt sechs Jahre stellt eine objektive Verschlechterung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchs dar und es erscheint fast zynisch, diese Verkürzung als Verbesserung präsentieren zu wollen. Auch die vorgesehene Möglichkeit einer Beschäftigungsverlängerung um weitere zwei Jahre (4+2-Regelung), ist angesichts der chronischen Unterfinanzierung der Universitäten als völlig unrealistisch zu betrachten, weil sie die verbindliche Zusage einer anschließenden unbefristeten Beschäftigung voraussetzt.

Der wissenschaftliche Nachwuchs benötigt nicht weniger Zeit und daher schlechtere Bedingungen, um die Postdoc-Phase angemessen zu durchlaufen, sondern mehr Stellen, auf welche man sich nach abgeschlossener Qualifikationsphase bewerben kann. Die vom Gesetzesentwurf bezweckte Planbarkeit ist nichts anderes als das Wissen, dass man weniger Zeit zum Habilitieren haben wird.

Es bleibt zu hoffen, dass im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Anpassungen möglich sein werden, die, wenn nicht zu einer Verbesserung, mindestens zu der Vermeidung einer Verschlechterung der Rahmenbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs führen.

Beschlüsse des 101. Deutschen Juristen-Fakultätentages

Die folgenden Beschlüsse wurden beim 101. Deutschen Juristen-Fakultätentag einstimmig beschlossen.

Gemeinsame Pressemitteilung der Bundesfachschaft Jura und des DJFT

Gute Lehre erhalten – digitale Leere vermeiden. Ein Appell.

Bereits im Juli diesen Jahres haben sich der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) und der Deutsche Juristen-Fakultätentag (DJFT) gemeinsam für eine gezielte Impfkampagne unter Studierenden ausgesprochen. Den Universitäten muss endlich die gleiche Priorität wie den Schulen zukommen. Mit Blick auf die Schließungen der Universitäten in Bayern möchten wir nun die Forderung nach konkreten Maßnahmen anstelle von pauschalen Schließungen bekräftigen und appellieren an die Bundesländer, bereits getroffene Maßnahmen einzuhalten und stärker zu kontrollieren, um so digitale Lehre – und Leere – zu vermeiden.

Die teils sehr hohe Impfquote unter den Studierenden (laut Befragungen im Spätsommer/Herbst: WWU Münster 94%[1], FU Berlin 89%[2], Universität Bremen 87%[3]) deutet nicht nur auf einen verantwortungsvollen Umgang seitens der Studierenden bezüglich der aktuellen Pandemielage hin, sondern auch auf den Wunsch nach Rückkehr zu Normalität. „Wir Studierende haben uns trotz Perspektivlosigkeit lange Zeit zurückgehalten und solidarisch gezeigt, wurden von der Politik immer und immer wieder vergessen – das muss nun ein Ende haben. Wir fordern in der vierten Welle endlich die Konzepte und Beachtung, die wir in den vorherigen drei Wellen nicht bekommen haben.“, so Kira Kock, Vorsitzende der Bundesfachschaft Jura. Ein weiteres digitales Semester sei auch deshalb nicht zuzumuten, weil es bisher keine großen Corona-Ausbrüche an den Fakultäten gegeben hat. Alternativ wird bundesweit an zumeist schützenden 3G- bzw. 2G-Konzepten festgehalten. Diese müssen allerdings hinreichend kontrolliert werden, was nicht überall der Fall ist, wie die neuste Rundfrage unter den Studierenden zeigt. Während an manchen Universitäten Sicherheitspersonal dafür eingesetzt wurde und sogar extra studentische Hilfskräfte eingestellt wurden, obliegt es andererseits teils den Lehrenden, selbst 3G oder 2G zu überprüfen. Um die Präsenzlehre aber weiterhin zu ermöglichen, müssen nicht nur flächendeckende verlässliche Kontrollen, sondern, sofern erforderlich, auch 2G-Konzepte und hybride Lehre umgesetzt werden. Studierende, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht impfen lassen können oder die aufgrund von COVID-19-Symptomen oder wegen Quarantäneanordnungen zu Hause bleiben, muss eine digitale Teilhabe an den Vorlesungen gewährt werden. Die vergangenen Lockdowns haben gezeigt, dass Studierende psychisch sowie finanziell enorm unter den Einschränkungen durch Universitätsschließungen leiden. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, wenn Universitäten die Bedeutung der Universität als Ort der Begegnung würdigen und zur Gewährleistung sicherer Lernumgebungen statt Schließungen die Beschränkung des Präsenzbetriebes auf Geimpfte und Genesene – flankiert durch Hybrid-Lehre – vorsehen.[4]

Dabei ist die digitale Lehre nicht nur für Studierende ermüdend. Gerade die Rechtswissenschaft lebt von einem lebendigen Diskurs. Es ist daher nicht überraschend, dass auch für die Lehrenden eine Rückkehr zur Distanzlehre Frustration mit sich bringen würde. „Die (Selbst-)Marginalisierung der Universität muss bekämpft werden. Wie der neue Bundesgesundheitsminister beteuert hat, wird uns dieses Virus länger begleiten als manche denken. Deswegen ist es unerlässlich, zu lernen, mit und trotz ihm weiterzuleben. Dies wird durch geeignete Sicherheitskonzepte und eigenes verantwortungsvolles Verhalten ermöglicht.“, so Prof. Dr. Tiziana Chiusi, Vorsitzende des Deutschen Juristen-Fakultätentages.

Durch zielorientierte Maßnahmen soll der Lehrbetrieb so sicher wie möglich aufrechterhalten werden. Gleichzeitig darf die kritische Entwicklung der epidemischen Lage nicht verkannt werden. Die Universitäten müssen sich daher flexibler anpassen. Sollte eine Schließung aufgrund steigender Inzidenzen und vollen Intensivstationen doch vonnöten sein, fordern wir, den Universitäten danach höchste Priorität bei der Wiedereröffnung einzuräumen. Eine Situation wie im vergangenen Frühjahr, als Fitnessstudios und Bars wieder öffneten, die Universitäten aber weiterhin zu digitaler Lehre verpflichtet waren, darf nicht erneut vorkommen.


[1] Newsportal der WWU Münster vom 20.10.21 (https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=12098).

[2] Pressemitteilung der FU Berlin Nr. 180/2021 vom 10.09.21 (https://www.fuberlin.de/presse/informationen/fup/2021/fup_21_180-impfquote/index.html).

[3] Newsportal der Universität Bremen vom 16.08.21 (https://www.unibremen.de/universitaet/hochschulkommunikation-und-marketing/aktuelle-meldungen/detailansicht/hoheimpfquote-bei-studierenden-der-universitaet-bremen).

[4] News Brief der Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Universität Hamburg an alle Studierenden und Lehrenden zur Umstellung des Lehrbetriebs auf das 2G-Modell vom 29.11.21 (https://www.unihamburg.de/newsroom/intern/2020/0131-corona-faq/211129-brief-an-studierende-lehrende-umstellung-2gmodell.pdf); Newsportal der Universität des Saarlandes vom 03.12.21 „Universität will Präsenzlehre eingeschränkt fortsetzen – mit strengeren Coronaregeln“ (https://www.unisaarland.de/universitaet/aktuell/artikel/nr/24499.html).

Das nächste Wintersemester soll ein normales Semester sein – Rasch gezielte Impfkampagne für Studierende starten!

Gemeinsame Pressemitteilung des DFG und der Bundesfachschaft Jura vom 9.7.2021

Der Deutsche Juristen-Fakultätentag (DJFT) und der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) fordern von Bund und Ländern mit Blick auf das kommende Wintersemester konkrete Maßnahmen zur zügigen Rückkehr in die Hörsäle. Den Universitäten muss die gleiche Priorität wie den Schulen zukommen.

Bei dauerhaft sehr niedrigen Inzidenzwerten, zunehmender Rückkehr zur Normalität in allen Bereichen und nach der Aussage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (F.A.Z. vom 25.6.21), dass bei geplantem Verlauf bis Ende Juli allen Erwachsenen eine erste Impfung angeboten werden könne, ist die Planung eines normalen Wintersemesters mit der dazugehörigen Präsenzlehre das Gebot der Stunde. „In dieser Situation ein weiteres digitales „Corona-Semester“ einfach so hinzunehmen, wirkt befremdlich und ist Studierenden und Professorenschaft nicht zu vermitteln“, erklärt die Vorsitzende des DJFT, Prof. Dr. Tiziana Chiusi. „Für die Studierenden wäre es nicht mehr zumutbar“, ergänzt die Vorsitzende der Bundesfachschaft Jura, Kira Kock, „Viele von uns sind durch die momentane Situation psychisch stark belastet.“ Der Schlüssel zum Gelingen eines möglichst „normalen“ Wintersemesters liegt in der flächendeckenden Impfung der Studierenden und Lehrenden. „Nur wenn der größte Teil der Studierenden zu Beginn des Wintersemesters über den Impfschutz verfügt, wird Präsenzlehre für alle möglich sein“, so Chiusi.

Aus diesem Grund ist rasches Handeln erforderlich. Es müssen sofort, verstärkt und gezielt niedrigschwellige Impfangebote für alle Studierenden zur Verfügung gestellt werden. Dafür reichen die Impfzentren allein nicht aus. Vielmehr müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, wie beispielsweise Impfmöglichkeiten auch ohne Termin in den Universitäten und auf den Campusgeländen, Impftage nur für Studierende, Werbung für Impfmöglichkeiten sowie die Einbindung der Betriebsärzte der Universitäten. Darüber hinaus muss endlich die Politik Klarheit über die Modalitäten der Rückkehr zum regulären Präsenzbetrieb der Universitäten schaffen. Wenn schon jetzt der Plan für die Rückkehr von bis zu 25.000 Personen als Zuschauern in den Fußballstadien vorliegt, können auch ähnliche Pläne für die Universitäten vorgelegt werden. Jedoch wäre eine Fokussierung auf diese Forderung deutlich zu wenig. Funktioniert die Impfkampagne für die Studierenden, werden sich die weiteren Punkte, die üblicherweise in diesem Zusammenhang diskutiert werden (Abstandpflicht, Maskenpflicht, Gruppengrößen, Testnachweis), weitestgehend erübrigen. Deswegen hat die Impfkampagne eine zentrale Bedeutung. Es gilt dringend, nicht nur darüber zu reden, sondern alles dafür zu tun, um ein weiteres „Corona-Semester“ zu vermeiden.

Der DJFT und die Bundesfachschaft Jura fordern die Bundes- und Landespolitik auf, die Not der Studierenden und der Universitäten genauso wahrzunehmen, wie die von Schüler und Schülerinnen und anderen gesellschaftlichen Gruppen. Eine vorschnelle Absage an jegliche Öffnungsperspektive, die einige Universitäten bereits angekündigt haben, kann in keinem Fall eine Lösung sein. Dabei sollten die Universitätsleitungen auch bereit sein, die Impfinitiative und wenn nötig und möglich, deren Organisation in die eigenen Hände zu nehmen. „Diesen Mut müssen wir haben, das schulden wir uns selbst, aber vor allem unseren Studierenden“, sagt Chiusi, „die Fehler des vergangenen Jahres dürfen nicht wiederholt, die Studierenden nicht vergessen werden“.

Vorsitzende DJFT                                                                                                     Vorsitzende BRF

Prof. Dr. Dr. h.c. Tiziana Chiusi                                                                                            Kira Kock