Beschlüsse des 101. Deutschen Juristen-Fakultätentages

Die folgenden Beschlüsse wurden beim 101. Deutschen Juristen-Fakultätentag einstimmig beschlossen.

Gemeinsame Pressemitteilung der Bundesfachschaft Jura und des DJFT

Gute Lehre erhalten – digitale Leere vermeiden. Ein Appell.

Bereits im Juli diesen Jahres haben sich der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) und der Deutsche Juristen-Fakultätentag (DJFT) gemeinsam für eine gezielte Impfkampagne unter Studierenden ausgesprochen. Den Universitäten muss endlich die gleiche Priorität wie den Schulen zukommen. Mit Blick auf die Schließungen der Universitäten in Bayern möchten wir nun die Forderung nach konkreten Maßnahmen anstelle von pauschalen Schließungen bekräftigen und appellieren an die Bundesländer, bereits getroffene Maßnahmen einzuhalten und stärker zu kontrollieren, um so digitale Lehre – und Leere – zu vermeiden.

Die teils sehr hohe Impfquote unter den Studierenden (laut Befragungen im Spätsommer/Herbst: WWU Münster 94%[1], FU Berlin 89%[2], Universität Bremen 87%[3]) deutet nicht nur auf einen verantwortungsvollen Umgang seitens der Studierenden bezüglich der aktuellen Pandemielage hin, sondern auch auf den Wunsch nach Rückkehr zu Normalität. „Wir Studierende haben uns trotz Perspektivlosigkeit lange Zeit zurückgehalten und solidarisch gezeigt, wurden von der Politik immer und immer wieder vergessen – das muss nun ein Ende haben. Wir fordern in der vierten Welle endlich die Konzepte und Beachtung, die wir in den vorherigen drei Wellen nicht bekommen haben.“, so Kira Kock, Vorsitzende der Bundesfachschaft Jura. Ein weiteres digitales Semester sei auch deshalb nicht zuzumuten, weil es bisher keine großen Corona-Ausbrüche an den Fakultäten gegeben hat. Alternativ wird bundesweit an zumeist schützenden 3G- bzw. 2G-Konzepten festgehalten. Diese müssen allerdings hinreichend kontrolliert werden, was nicht überall der Fall ist, wie die neuste Rundfrage unter den Studierenden zeigt. Während an manchen Universitäten Sicherheitspersonal dafür eingesetzt wurde und sogar extra studentische Hilfskräfte eingestellt wurden, obliegt es andererseits teils den Lehrenden, selbst 3G oder 2G zu überprüfen. Um die Präsenzlehre aber weiterhin zu ermöglichen, müssen nicht nur flächendeckende verlässliche Kontrollen, sondern, sofern erforderlich, auch 2G-Konzepte und hybride Lehre umgesetzt werden. Studierende, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht impfen lassen können oder die aufgrund von COVID-19-Symptomen oder wegen Quarantäneanordnungen zu Hause bleiben, muss eine digitale Teilhabe an den Vorlesungen gewährt werden. Die vergangenen Lockdowns haben gezeigt, dass Studierende psychisch sowie finanziell enorm unter den Einschränkungen durch Universitätsschließungen leiden. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, wenn Universitäten die Bedeutung der Universität als Ort der Begegnung würdigen und zur Gewährleistung sicherer Lernumgebungen statt Schließungen die Beschränkung des Präsenzbetriebes auf Geimpfte und Genesene – flankiert durch Hybrid-Lehre – vorsehen.[4]

Dabei ist die digitale Lehre nicht nur für Studierende ermüdend. Gerade die Rechtswissenschaft lebt von einem lebendigen Diskurs. Es ist daher nicht überraschend, dass auch für die Lehrenden eine Rückkehr zur Distanzlehre Frustration mit sich bringen würde. „Die (Selbst-)Marginalisierung der Universität muss bekämpft werden. Wie der neue Bundesgesundheitsminister beteuert hat, wird uns dieses Virus länger begleiten als manche denken. Deswegen ist es unerlässlich, zu lernen, mit und trotz ihm weiterzuleben. Dies wird durch geeignete Sicherheitskonzepte und eigenes verantwortungsvolles Verhalten ermöglicht.“, so Prof. Dr. Tiziana Chiusi, Vorsitzende des Deutschen Juristen-Fakultätentages.

Durch zielorientierte Maßnahmen soll der Lehrbetrieb so sicher wie möglich aufrechterhalten werden. Gleichzeitig darf die kritische Entwicklung der epidemischen Lage nicht verkannt werden. Die Universitäten müssen sich daher flexibler anpassen. Sollte eine Schließung aufgrund steigender Inzidenzen und vollen Intensivstationen doch vonnöten sein, fordern wir, den Universitäten danach höchste Priorität bei der Wiedereröffnung einzuräumen. Eine Situation wie im vergangenen Frühjahr, als Fitnessstudios und Bars wieder öffneten, die Universitäten aber weiterhin zu digitaler Lehre verpflichtet waren, darf nicht erneut vorkommen.


[1] Newsportal der WWU Münster vom 20.10.21 (https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=12098).

[2] Pressemitteilung der FU Berlin Nr. 180/2021 vom 10.09.21 (https://www.fuberlin.de/presse/informationen/fup/2021/fup_21_180-impfquote/index.html).

[3] Newsportal der Universität Bremen vom 16.08.21 (https://www.unibremen.de/universitaet/hochschulkommunikation-und-marketing/aktuelle-meldungen/detailansicht/hoheimpfquote-bei-studierenden-der-universitaet-bremen).

[4] News Brief der Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Universität Hamburg an alle Studierenden und Lehrenden zur Umstellung des Lehrbetriebs auf das 2G-Modell vom 29.11.21 (https://www.unihamburg.de/newsroom/intern/2020/0131-corona-faq/211129-brief-an-studierende-lehrende-umstellung-2gmodell.pdf); Newsportal der Universität des Saarlandes vom 03.12.21 „Universität will Präsenzlehre eingeschränkt fortsetzen – mit strengeren Coronaregeln“ (https://www.unisaarland.de/universitaet/aktuell/artikel/nr/24499.html).

Das nächste Wintersemester soll ein normales Semester sein – Rasch gezielte Impfkampagne für Studierende starten!

Gemeinsame Pressemitteilung des DFG und der Bundesfachschaft Jura vom 9.7.2021

Der Deutsche Juristen-Fakultätentag (DJFT) und der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) fordern von Bund und Ländern mit Blick auf das kommende Wintersemester konkrete Maßnahmen zur zügigen Rückkehr in die Hörsäle. Den Universitäten muss die gleiche Priorität wie den Schulen zukommen.

Bei dauerhaft sehr niedrigen Inzidenzwerten, zunehmender Rückkehr zur Normalität in allen Bereichen und nach der Aussage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (F.A.Z. vom 25.6.21), dass bei geplantem Verlauf bis Ende Juli allen Erwachsenen eine erste Impfung angeboten werden könne, ist die Planung eines normalen Wintersemesters mit der dazugehörigen Präsenzlehre das Gebot der Stunde. „In dieser Situation ein weiteres digitales „Corona-Semester“ einfach so hinzunehmen, wirkt befremdlich und ist Studierenden und Professorenschaft nicht zu vermitteln“, erklärt die Vorsitzende des DJFT, Prof. Dr. Tiziana Chiusi. „Für die Studierenden wäre es nicht mehr zumutbar“, ergänzt die Vorsitzende der Bundesfachschaft Jura, Kira Kock, „Viele von uns sind durch die momentane Situation psychisch stark belastet.“ Der Schlüssel zum Gelingen eines möglichst „normalen“ Wintersemesters liegt in der flächendeckenden Impfung der Studierenden und Lehrenden. „Nur wenn der größte Teil der Studierenden zu Beginn des Wintersemesters über den Impfschutz verfügt, wird Präsenzlehre für alle möglich sein“, so Chiusi.

Aus diesem Grund ist rasches Handeln erforderlich. Es müssen sofort, verstärkt und gezielt niedrigschwellige Impfangebote für alle Studierenden zur Verfügung gestellt werden. Dafür reichen die Impfzentren allein nicht aus. Vielmehr müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, wie beispielsweise Impfmöglichkeiten auch ohne Termin in den Universitäten und auf den Campusgeländen, Impftage nur für Studierende, Werbung für Impfmöglichkeiten sowie die Einbindung der Betriebsärzte der Universitäten. Darüber hinaus muss endlich die Politik Klarheit über die Modalitäten der Rückkehr zum regulären Präsenzbetrieb der Universitäten schaffen. Wenn schon jetzt der Plan für die Rückkehr von bis zu 25.000 Personen als Zuschauern in den Fußballstadien vorliegt, können auch ähnliche Pläne für die Universitäten vorgelegt werden. Jedoch wäre eine Fokussierung auf diese Forderung deutlich zu wenig. Funktioniert die Impfkampagne für die Studierenden, werden sich die weiteren Punkte, die üblicherweise in diesem Zusammenhang diskutiert werden (Abstandpflicht, Maskenpflicht, Gruppengrößen, Testnachweis), weitestgehend erübrigen. Deswegen hat die Impfkampagne eine zentrale Bedeutung. Es gilt dringend, nicht nur darüber zu reden, sondern alles dafür zu tun, um ein weiteres „Corona-Semester“ zu vermeiden.

Der DJFT und die Bundesfachschaft Jura fordern die Bundes- und Landespolitik auf, die Not der Studierenden und der Universitäten genauso wahrzunehmen, wie die von Schüler und Schülerinnen und anderen gesellschaftlichen Gruppen. Eine vorschnelle Absage an jegliche Öffnungsperspektive, die einige Universitäten bereits angekündigt haben, kann in keinem Fall eine Lösung sein. Dabei sollten die Universitätsleitungen auch bereit sein, die Impfinitiative und wenn nötig und möglich, deren Organisation in die eigenen Hände zu nehmen. „Diesen Mut müssen wir haben, das schulden wir uns selbst, aber vor allem unseren Studierenden“, sagt Chiusi, „die Fehler des vergangenen Jahres dürfen nicht wiederholt, die Studierenden nicht vergessen werden“.

Vorsitzende DJFT                                                                                                     Vorsitzende BRF

Prof. Dr. Dr. h.c. Tiziana Chiusi                                                                                            Kira Kock

Rückkehr zum echten universitären Leben

Pressemitteilung 3.5.2021


Der Deutsche Juristen-Fakultätentag begrüßt die gerade in Kraft getretene „Erste Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung“ vom 29. April 2021, (BAnz AT 30.04.2021 V5) deren Art. 1 Nr. 3b für Personen, die an Hochschulen tätig sind, die Priorisierungsgruppe 3 vorsieht. Da zur Zeit gerade die Impfung dieser Gruppe läuft, eröffnet sich somit endlich auch für die Hochschulen die Perspektive der graduellen Rückkehr zur Normalität. „Die Universität ist nicht nur ein unersetzlicher Ort der Wissensvermittlung und darüber hinaus der demokratischen Öffentlichkeit, sondern auch des wissenschaftlichen und des persönlichen Austauschs, des sozialen Lebens, der Kommunikation, welche für die akademische Lehre und Forschung konstitutiven Charakter haben“ erklärt die DJFT-Vorsitzende Prof. Dr. Tiziana Chiusi. „Nach mehr als einem Jahr online-Lehre ist der Zeitpunkt gekommen, durch eine konkrete Impf- und Teststrategie weitestgehende Präsenzlehre wieder zu ermöglichen“. Dazu stellt die Änderung der Impfverordnung eine wichtige Voraussetzung dar, welche die Praxis von einigen Ländern (Saarland, Bayern, Rheinland-Pfalz), das Personal der Hochschulen in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Nr. 8 der Corona-Impfverordnung und damit in die dritte Priorisierungsgruppe einzubeziehen, übernimmt. „Jetzt gilt es, so schnell wie möglich durch die Koordinierung der Anmeldungen und der Impftermine zwischen den Universitäten und den Impfzentren die Impfungen zu gewährleisten“, so Chiusi, „damit nicht nur Lehre in Präsenz, sondern auch Prüfungen und Staatsexamen unter sichereren Bedingungen stattfinden können. Hoffentlich werden nun auch die Wissenschaftsministerien der Länder, die es bisher nicht so handhaben wollten, nachziehen“.
Die juristischen Fakultäten haben die Herausforderung der Umstellung auf die digitale Lehre vergleichsweise gut gemeistert und dabei Erfahrungen gesammelt, die auch über die Zeit der Pandemie hinaus wertvoll sein werden. Doch kann die digitale Lehre die Präsenzlehre fruchtbar ergänzen, aber nicht ersetzen, der digitale Raum eine zusätzliche Möglichkeit anbieten, sicher aber nicht das Leben in den Fakultäten verdrängen. Die Universität ist in ganz besonderer Weise geprägt vom persönlichen Austausch: zwischen Lehrenden und Lernenden, zwischen Lehrenden untereinander und zwischen Studierenden untereinander. „Bei allem Verständnis für die notwendigen Restriktionen zum Zweck der Eindämmung der Pandemie“, sagt Chiusi, „stimmt uns bedenklich, wie selbstverständlich – im Gegensatz zu manchen anderen europäischen Ländern – das universitäre Leben (und die Kultur im allgemeinen) von der Politik als am ehesten ‚verzichtbar‘ in all den Monaten behandelt worden ist; wie Not und Nachteile von Schülern – völlig zu Recht – berücksichtigt worden sind, kaum aber die von Studierenden; wie die Wiedereröffnung von vielen Bereichen diskutiert, vorbereitet und manchmal auch dann erlaubt wurde, nur die Schließung der Universitäten einfach hingenommen worden ist, als würde sie kein echtes, jedenfalls kein prioritäres Problem darstellen“. Deswegen möchte der DJFT appellieren, die Universität und ihren Stellenwert in der Pandemie wieder in den Fokus der öffentlichen Debatte zu rücken.
„Wir können nicht der Verödung der Universität und der Vereinsamung der Studierenden länger tatenlos zusehen. Corona darf nicht die Begründung für einen neuen Normalzustand ohne universitäres Leben werden, die Universitäten dürfen nicht länger geschlossen bleiben“, erklärt Chiusi. Mögliche Maßnahmen für die Öffnung und Wiederbelebung der Fakultäten sind bekannt: vom Schnelltesten über Koppelung der Präsenzzulassung an örtliche Inzidenzwerte bis hin zu Hygienekonzepten für Labore, Bibliotheken, kleinere Lehrveranstaltungen. Aber die Impfung von Mitgliedern der Universität, und damit sind auch die Studierenden gemeint, die hoffentlich bald an der Reihe sein werden, stellt einen wichtigen Schritt dar, um, so Chiusi, „schnellstmöglich und zu hundert Prozent zum echten universitären Leben zurückzukehren“.